Solvitur ambulando ist angeblich ein Ausspruch, den Sant Agustín getan hat, der auch als Aurelius Augustinus Hipponensis bekannt ist. Das bedeutet ‚es ist gelöst durch Wandern‘. Oder anders gesagt, wenn wir spazierengehen, kommen uns Ideen. Wandern ist nicht nur eine physische Betätigung, sondern auch ein Stimulant für die kreative Leistung, und vielleicht sogar eine Grundvoraussetzung für den schöpferischen Prozess.
Vor Kurzem ging ich mit meiner Familie und einigen Freunden auf eine Wanderung der besonderen Art. Wir hatten uns einen Ausflug vorgenommen, den wir seit Langem hatten unternehmen wollen, aber noch nie gewandert waren. Wir wollten vom Santuari de la Mare de Déu de Sant Salvador zum Castell de Santueri wandern, die beide in der Umgebung von Felanitx zu finden sind (siehe Karte).
Diese Wanderung ist nicht allzu anstrengend; die Strecke ist vielleicht 4 km lang und dauert etwa 2 Stunden. Wir hatten zwei Autos zur Verfügung und parkten eines davon an der Santueri-Burg; mit dem anderen fuhren wir dann zum Kloster Felanitx, um unsere Wanderung zu beginnen. Falls Sie nur ein Fahrzeug zur Verfügung haben sollten, erlauben Sie bitte die doppelte Zeit für die doppelte Entfernung (hin und zurück).
Da ich in Felanitx lebe, glaubte ich, die Gegend gut zu kennen. Ich habe in den letzten 20 Jahren schon eine ziemliche Anzahl von Wanderungen in der Umgebung von Felanitx getätigt. Aber ob Sie es glauben oder nicht, wir haben uns total verfranzt. Zwar hatte man uns darauf hingewiesen, daß der Weg nicht gekennzeichnet sei, daß er stellenweise zugewachsen sei und daß man sich sehr leicht verlaufen könne, aber wir dachten, wir machen das schon. Wir haben uns aber gehörig verlaufen und haben mehrfach die falsche Richtung eingeschlagen. Ich muß trotzdem sagen, es machte uns überhaupt nichts aus. Trotz aller Umwegen und aller Widrigkeiten fanden wir schlußendlich unser Ziel, indem wir einfach auf unsere Intuition vertrauten, und jawohl, wir fanden zu unserem Auto zurück.
Die Natur, der Wald und die Landschaft ganz allgemein wogen all die Unannehmlichkeiten des Sich-Verlaufens wieder auf. Wenn man wandert, ist der Weg das Ziel, auch wenn es der falsche Weg sein sollte. Solange man von A nach B findet, macht es vielleicht nicht soviel aus, welchen Weg man nimmt. Auch ein Umweg kann schön und anregend sein, solange man sich in angenehmer Gesellschaft befindet.
Unsere grauen Zellen waren jedenfalls ganz emsig damit beschäftigt, sich zu orientieren und zu überlegen, wo wir uns gerade befinden mochten. Die Freude an dem Ausflug wurde durch das Verlaufen in keiner Weise geschmälert.
Seither haben wir den ausgeprägten Wunsch, bald noch einmal einen neuen Anlauf zu nehmen, und zu versuchen, die Strecke, die auf der Landkarte zu sehen ist, vielleicht doch noch zu finden.
Das Foto wurde in der Nähe von Felanitx, Mallorca (Spanien) aufgenommen. Das Datum: 6. Januar 2009. Die Uhrzeit: 14:35:09.
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